Erben: Von der Kunst, Kunst zu vererben

Ältere Werke werden als Wertanlage oft unterschätzt. Bei Sammlern und Anlegern ist alte Kunst wieder gefragt, und die Finanzkrise hat das noch verstärkt.

Kunstwerke sind nicht nur bewährte Geldanlage, sie können auch ganz legal Erbschaftssteuern sparen. Vor allem aber sei die alte Kunst unwiederbringlicher Teil der eigenen Kultur und damit der eigenen Identität, erklärt der international tätige Kunsthändler Marcus Marschall den Trend.

In Deutschland werde sie aber noch unterschätzt. Die heutige Erbengeneration wisse oft gar nicht, welche Kostbarkeiten sich in vermeintlich alten Schinken verbergen können. Es ist das Aufspüren und Finden von verborgenen Schätzen, was die Arbeit eines Kunsthändlers manchmal wirklich beglückend sein lässt.
So gesehen muss Marschall, der mit seinen Ausstellungsräumen jüngst ins Münchner Kunstareal – direkt gegenüber der Neuen Pinakothek – umgezogen ist, ein glücklicher Mann sein.

Denn er ist überzeugt, dass es in seinem Spezialgebiet, der Kunst des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in Deutschland viel zu entdecken gibt. „Ich erlebe oft, dass erwachsene Kinder erstaunlich wenig über die Sammlung ihrer Eltern wissen“, sagt Marschall. „Da werden dann Dinge völlig unter Wert an einen Trödler oder ein Auktionshaus gegeben, dass es manchmal fast tragisch ist.“

In Ländern wie Amerika, England oder Frankreich, so seine Erfahrung, habe der Kunstgeschmack in der Generationenfolge mehr Kontinuität, in Deutschland gebe es einen auffälligen Bruch. Im Nachkriegsdeutschland sei man gegenüber alter Kunst reservierter gewesen, der Nationalsozialismus habe der Folgegeneration den Zugang zur Tradition erschwert.

Der Kunsthistoriker rät Sammlern dringend, ihre Bestände beizeiten gut dokumentieren und katalogisieren zu lassen. „Bevor man selbst oder die Hinterbliebenen nicht wissen was sie vor sich haben“, empfiehlt er den Gang zum Spezialisten. Auch wenn die Kunstwerke ungeordnet auf dem Dachboden lagern, lohne sich der Besuch bei einem angesehenen Händler. Es sei es ja in dessen Interesse, viel zu sehen, auch wenn nur in wenigen Fällen der ganz große Fund dabei ist. „Oft wissen die Leute aber einfach nicht, wen sie fragen sollen“, weiß Marschall.

Auch ein gewisses Misstrauen spiele wohl eine Rolle. Berechtigt sei das nicht. „Denn“, so Marschall, „wenn jemand etwa mit einem asiatischen Kunstwerk zu mir käme, würde ich ihm einen entsprechenden Spezialisten empfehlen. Kooperation ist kein Problem, irgendwann ist immer wieder auch für mich etwas Interessantes dabei.“