Wohngenossenschaft: Urbanes Modell

Mit Kindergarten und Pflegeangebot – in bester Münchner Lage entsteht ein Wohn-Experiment von Gewofag und Wogeno.

Es gleicht einer kleinen Revolution, was Christian Stupka von der Wohn- und Baugenossenschaft Wogeno in seinem Büro stehen hat. Auf den ersten Blick zeigt das Pappmodell auf seinem Schreibtisch nur ein weiteres von vielen ähnlichen Wohnprojekten dieser 1993 gegründeten Genossenschaft. Ein großer Wohnkomplex soll in Nymphenburg am Reinmarplatz entstehen. Bezahlbarer und sicherer Wohnraum in bester Lage für Menschen aller Generationen und sozialen Schichten. Ein Beispiel für neue Formen des Miteinanderlebens, auf das die Wogeno bei allen ihren Projekten so viel Wert legt.

Wogeno und Gewofag: neue Zusammenarbeit

Auf den zweiten Blick aber ist diesmal manches anders. Denn die Wogeno baut nicht allein. Zum ersten Mal arbeiten die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag und die Genossenschaft Wogeno gemeinsam an einem Projekt. „Normalerweise werden Sozialwohnungen vom Wohnungsamt belegt. Um ein so großes Mehrgenerationenprojekt wie dieses aber mit Leben zu füllen, brauchen wir engagierte Mieter, die Verantwortung übernehmen und Initiative zeigen“, erklärt Stupka. „Partizipation heißt das Zauberwort, und da können wir unsere Erfahrungen gut einbringen.“ Deshalb habe sich der Bezirksausschuss Nymphenburg-Neuhausen seinerzeit so für die Kooperation mit einer Genossenschaft stark gemacht. „Wir sollen die Netze knüpfen und die Beteili- gung der Anwohner moderieren.“

Nymphenburg: Zusammenleben von Jung und Alt

Das geplante Projekt ist ambitioniert. Auf dem Gelände, das der städtischen Wilhelmine-Lübke-Stiftung gehört, werden 126 barrierefreie Wohnungen (vom Ein-Zimmer-Apartment bis zur Familienwohnung) entstehen. 60 Prozent davon sind für über 60-Jährige reserviert, in die übrigen sollen junge Familien ziehen, für die im Innenhof eigens eine Kita für 75 Kinder gebaut wird. Außerdem wird es ein Begegnungszentrum geben samt Café mit günstigem Mittagstisch, Hausaufgabenbetreuung, einem Veranstaltungsraum, E-Bike-Verleih und Räumen für Initiativen und Vereine aus dem Viertel. Damit ältere Bewohner so lange wie möglich selbstbestimmt in ihren Wohnungen bleiben können, entsteht ein Stützpunkt des Gewofag-Projekts „Wohnen im Viertel“ mit einem Wohncafé zum gemeinsamen Kochen, einem ambulanten 24-Stunden-Stützpunkt zur Hilfe im Notfall und zur Pflege nach Bedarf.

So schön das alles klingt, dieses Modell verlangt allen Bewohnern ein Höchstmaß an Toleranz ab. Die Älteren müssen den Kinderlärm im Hof ertragen, die Jungen sich mit dem langsamen Tempo einer überwiegend alten Nachbarschaft arrangieren. „Wir werden daher eine Dachterrasse herstellen, auf die die Erwachsenen sich zurückziehen können“, zeigt Christian Stupka einen Ausweg auf. Die meisten Wohnungen werden nach sozialen Kriterien vergeben, einige gehen an Genossenschaftsmitglieder, die ihre „Einlage“ gänzlich aus eigenen Mitteln finanzieren.

Wohngenosseschaften mit engagierten Bewohnern

Und wie wollen Wogeno und Gewofag erreichen, dass sich die künftigen Bewohner dauerhaft engagieren? „Derzeit vergeben wir die ersten Wohnungen an zirka 40 Parteien, die bereit sind, sich besonders einzubringen“, erklärt Stupka das Prinzip. „Nach unseren bisherigen Erfahrungen entstehen auf diese Weise schon im Vorfeld Bindungen und Freundschaften und somit eine Kerngruppe, die das Ganze später tragen hilft.“